Burundi: Hoffnung im Herzen Afrikas – wie Christen Gesellschaft verändern
„Burundi ist das Herz Afrikas.“ Stolz zeigt Désiré Majambere auf die Karte des Kontinents. Das kleine Land Burundi in Ostafrika ist herzförmig eingezeichnet. „Und das Herzstück unserer Arbeit ist es, Menschen zu befähigen, Schritte aus der Armut zu tun.“
Eine Mammutaufgabe für den Countrydirector (Landesleiter) von Tearfund Burundi und sein 14köpfiges Team. Denn Burundi ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das ärmste Land der Welt: mit 261 Dollar steht es auf dem 194ten und damit letzten Platz. In ländlichen Regionen sind es nur etwa 10 Dollar, die einer ganzen Familie im Monat zur Verfügung stehen. Nicht selten gehören dazu fünf, sechs oder mehr Kindern.
Burundis Bevölkerung ist eine der schnellst wachsenden der Welt. Die Zahl von etwa 13 Millionen Menschen wird sich nach Prognosen der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2050 auf 25 Millionen nahezu verdoppeln.
Das Durchschnittsalter liegt bei 17,7 Jahren. Es gibt sehr wenig Lohnarbeit, Arbeitskraft wird oft als Tauschgeschäft angeboten. Wer die Möglichkeit hat, betreibt etwas Anbau für den eigenen Bedarf. In „reichen“ Familien gibt es zwei Mahlzeiten am Tag, in vielen anderen muss das Abendessen reichen. Gekocht wird mit wenig abwechslungsreichen Zutaten: Vor allem Mais oder Maniok. Die einseitige Kost führt vor allem bei Kleinkindern zu massiver Mangelernährung. Niemand weiß genau, wie viele von ihnen sterben. Der Mangel macht anfällig für Infektionen wie Malaria oder Geldfieber. Schulkindern fällt es schwer, sich zu konzentrieren, und dem Lernstoff zu folgen.
Würde spüren, Potenzial entdecken
Um die Armut im Land zu überwinden, hat Tearfund Burundi das Schulungsprogramm „Church and Community Transformation“ (CCT) ins Leben gerufen. Frei übersetzt heißt das Konzept: Wie Kirchen und Gesellschaft verändert werden. Es basiert auf zwei Grundannahmen.
„In Burundi habe ich sehr gestaunt, wieviel Menschen unter widrigsten Bedingungen erreichen können, wenn sie sich in Gruppen organisieren.“
Erstens: Menschen sollen ihre gottgegebene Würde spüren, und dann gemeinsam die Potenziale ihrer Dorfgemeinschaften entdecken. Ziel ist es, nicht dauerhaft von Hilfe anderer abhängig zu sein.
Zweitens: Die Kirchen sind der Ort, an dem diese Botschaft am besten vermittelt werden kann. Das gilt für ihre Sozialstruktur: Burundi hat fast 700 unterschiedliche Denominationen, keine andere Institution im Land hat eine höhere Reichweite in die Bevölkerung hinein. Und es ist auch eine inhaltliche Frage: Die Menschen vertrauen der Bibel, niemand anders hat eine höhere moralische Autorität als die Kirchen und ihre geistlichen Leiter. Wer diese gewinnt, erreicht die Menschen.
Von biblischen Vorbildern lernen
CCT verfolgt den Ansatz „train the trainer“. Dabei werden Frauen und Männer zu Multiplikatoren ausgebildet. Sie wiederum geben ihr Wissen an Gruppen mit jeweils 20 Personen weiter. Die Teilnehmenden lernen anhand der Bibel, dass Gott alle Menschen gleichwertig geschaffen hat – Frauen und Männer, Angehörige verschiedener Volksgruppen. Miteinander studieren sie zum Beispiel das alttestamentliche Prophetenbuch Nehemia und den Wiederaufbau des Tempels. Daraus lernen sie, wie sie selbst dazu beitragen können, ihr eigenes Dorf aufzubauen. Ein Mann berichtete uns: „Vorher habe ich nur mein Land, den Lehmboden, Bäume und meine eigene Kraft gesehen. Aber nicht, was ich damit alles bewirken kann.“ Die Schulungen im Dorf Gisagazuba begannen in 2019. Vier Jahre später eröffnete eine Krankenstation in dem abgelegenen Dorf. Geplant, finanziert und gebaut allein von der Dorfgemeinschaft. Der Stolz über diese Errungenschaft ist den Bewohnern im Dorf ins Gesicht geschrieben.
Magic Porridge: Gemeinsam gegen die Mangelernähung
In der südwestlich gelegenen Region Matana ist Mangelernährung weit verbreitet. Tearfund bietet Schulungen für eine Ernährung an, die auf Empfehlungen des Welternährungsprogramms zurückgehen. Dabei lernen Frauen beispielsweise, wie man „magic porridge“ zubereitet. Dieser Brei enthält alle Nährstoffe, die Kinder benötigen. Einen Schulungstag konnte ich miterleben: Die traditionelle Feuerstelle wird entfacht, die Körner in Handarbeit zerstoßen. Die Zutaten sind zwei Teile Maismehl, je ein Teil Sojabohnen und Erdnüsse, etwas Zucker, eine Tasse Pflanzenöl. Viele Mütter sind Analphabetinnen. Der Nährwert wird an Schautafeln daher erklärt und jeder Arbeitsschritt vorgeführt. Der Teig wird sorgsam vermengt, mit Wasser aufgefüllt und muss dann 45 Minuten kochen. Schmackhaft. Das Programm läuft einige Wochen, bis sich die Kinder erholt haben. 1400 Kinder sind durch die ausgewogene Kost allein hier in Matana gesund geworden.
Wenn Herzen verändert werden, können Menschen auch im ärmsten Land der Welt gemeinsam Armut überwinden. Das ist die Botschaft, die ich aus Burundi mitnehme.